Stadtgeschichte neu erleben
im Erzherzog Carl-Haus
Das Stadtmuseum Deutsch-Wagram führt die Besucher*innen mit den gezeigten Objekten durch die Geschichte der zunächst bäuerlichen Siedlung Wagram, von der ersten Namensnennung als Wagrain 1258 bis zur Stadterhebung am 29. März 1985. Seine zahlreichen Exponate vermitteln Einblicke in den Alltag der Vergangenheit. So begegnet man einer Rauchküche ebenso wie einer reich ausgestatteten Schusterwerkstatt.
Historische Fahrräder erinnern an den Beginn der Mobilität. Das rege Vereinsleben dokumentieren Fahnenbänder und Erinnerungsstücke. Eine Vitrine erinnert mit ihren Objekten an die alte Pfarrkirche, die ab Mai 1956 teilweise abgebrochen und durch den heutigen Neubau ersetzt wurde.
Stadtmuseum Deutsch-Wagram im Erzherzog Carl-Haus (© Elisabeth Vavra)
Die Schuhmacherwerkstatt (© Elisabeth Vavra)
Einige Vitrinen widmen sich berühmten Persönlichkeiten aus Deutsch-Wagram. So wurde der spätere Landeshauptmann von Niederösterreich Johann Mayer 1858 hier geboren. Als Sohn eines Wirtschaftsbesitzers erlernte er zunächst das Müllergewerbe. Ab 1886 war er in verschiedenen politischen Ämtern tätig. 1897 wurde er in den Reichsrat gewählt, dem er bis zum Zusammenbruch der Monarchie angehörte.
Er war Landtagsabgeordneter (1890–1908), Landeshauptmann-Stellvertreter (1918–1920) und von 1921 bis 1922 der erste Landeshauptmann des nunmehr von Wien getrennten Niederösterreich. Er war maßgeblich an den Verhandlungen über die Trennung von Wien und Niederösterreich beteiligt.
In Deutsch-Wagram stand auch die Wiege eines bedeutenden Technikers: Am 25. Dezember 1857 kam hier Johann Sahulka als Sohn eines Bahnwärters zur Welt. Er studierte an der Universität Wien Physik und Mathematik. Nach Jahren im Schuldienst habilitierte er sich 1892 an der Technischen Hochschule Wien und wurde dort ab 1903 Professor für Elektrotechnik.
Zu den Beständen des Museums gehören auch Objekte, die an Franz Christen erinnern, der 1912 einer der alten Männer bei der Fußwaschungszeremonie im Dom zu St. Stephan sein durfte.
Während der Liturgie am Gründonnerstag wusch Kaiser Franz Joseph in der Nachfolge Christi jeweils zwölf alten Männern, die über 90 Jahre alt sein mussten, die Füße. Vorher lud man sie zu Speis und Trank ein. Zur Erinnerung durften sie den Fußwaschungskrug, den Silberbecher, aus dem sie getrunken hatten, und das Handtuch behalten. Überdies erhielten sie einen mit 30 Silberkronen gefüllten Beutel, den der Kaiser ihnen während der Zeremonie um den Hals hängte.
Fußwaschungskrug, Becher und Handtuch aus dem Besitz von Franz Christen (© Elisabeth Vavra)
Die Deutsch-Wagramer Kunstkeramik
Keramik aus der Werkstatt Johann Hittinger (© Elisabeth Vavra)
Wachauer und Scheibbser Keramik zählen zu den bekannten niederösterreichischen Keramik-Marken. Weniger bekannt ist die Deutsch-Wagramer Keramik, deren Geschichte im Stadtmuseum dokumentiert wird. Grund für den geringen Bekanntheitsgrad ist vermutlich der Umstand, dass die Produktion nur acht Jahre lang dauerte.
Von 1932 bis 1940 produzierte Johann Hittinger in Deutsch-Wagram Kunstkeramik. 1906 war er in Deutsch-Wagram zur Welt gekommen. Seine Eltern besaßen ein großes Kaufhaus in der Erzherzog Carl-Straße. Nach dem Besuch der Volksschule in Deutsch-Wagram kam er nach Stockerau ins Internat. Die höhere Schule schloss er mit dem Reifezeugnis ab.
Schon früh hatte sich sein künstlerisches Talent gezeigt. Um dieses zu nutzen begann er daher 1925 ein Studium an der 3-jährigen Wienerberger-Werkstättenschule für Keramik und erwarb das Meisterrecht für Hafner- und Töpfergewerbe. In der Folge arbeitete er zunächst in der Kunstabteilung der Wienerberger. 1932 wagte er den Schritt in die Selbstständigkeit. In einer Waschküche richtete er seine erste Werkstatt ein. Finanziert wurde die Firmengründung durch den Fleischhauer Johann Dirnweber und den Bäckermeister Anton Prohaska.
Mit einfachsten Mitteln begann er mit der Produktion. Bereits ein Jahr später konnte er seine Erzeugnisse auf der Wiener Frühjahrsmesse präsentieren, 1934 dann bei der Ausstellung „Austria in London“. Im selben Jahr begann er auch mit der Fabrikation von Gebrauchskeramik. In den folgenden Jahren florierte der Betrieb. Im Sommer 1938 ließ er in der Werkstatt einen elektrisch beheizten Brennofen aufstellen, wodurch die Produktion verdreifacht wurde. Der im April 1940 zugestellte Einrückungsbefehl bedeutete das Ende des Betriebs: Hittinger fiel auf den Schlachtfeldern der Normandie.
Autorin: Prof.in Dr.in Elisabeth Vavra
Foto © im Header: “Luftbild Deutsch-Wagram um 1918″, Josef Popper Wien II, Quelle: Topothek
WINTERZEIT
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Öffnungszeiten Saison 2025
6. April bis 26. Oktober 2025
Sonntags:
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(letzter Einlass 15:45 Uhr)
Der Museumsbesuch ist auch außerhalb der Öffnungszeiten nach Vereinbarung möglich.
PREISE
Napoleon- und Stadtmuseum:
Erwachsene € 3,-
Kinder bis 14 Jahre: frei
Gruppen ab 10 Personen € 2,- pro Person.
Schülergruppen € 1,- pro Person.
Kombikarte Eisenbahnmuseum,
Napoleon- und Stadtmuseum € 5,-
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Erzherzog Carl-Straße 1
2232 Deutsch-Wagram
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