Präsentation “Steine der Erinnerung”
Am 9. November 2024 fand in Deutsch-Wagram eine würdevolle Gedenkveranstaltung zur Präsentation der „Steine der Erinnerung“ und einer neuen Kultur[er]leben Tafel statt. Die Tafel mit dem Titel „Übergriffe, Verfolgung, Flucht und Deportation“ erinnert an die Schicksale der Menschen, die 1938 unter der Herrschaft des Nationalsozialismus aus ihrer Heimat in Deutsch-Wagram vertrieben und verfolgt wurden. Das Projekt, das von Mag. Heinz Bogner, Ing. Manfred Groß und Mag. Marcus Windbichler initiiert wurde, zielt darauf ab, die Geschichte sichtbar zu machen und das Gedenken an die Opfer wachzuhalten. Zahlreiche Besucher versammelten sich in der Schulallee vor dem BORG Deutsch-Wagram, um an der Zeremonie teilzunehmen.
Die Veranstaltung wurde mit einer feierlichen Fanfare eröffnet, die von einem Trompetentrio des Blasorchesters der Musikschule Deutsch-Wagram gespielt wurde. Mag. Heinz Bogner eröffnete die Gedenkveranstaltung und sprach über die Bedeutung der „Steine der Erinnerung“ als sichtbare Zeichen des Gedenkens an jene Menschen, die einst in Deutsch-Wagram lebten und Opfer des Nationalsozialismus wurden. Er erklärte, dass diese Steine stellvertretend für die zahlreichen Bürgerinnen und Bürger stünden, die während dieser dunklen Zeit verfolgt, entrechtet und vertrieben wurden. Diese Gedenksteine sollen, so Bogner, nicht nur die Erinnerung an das Leid und die Grausamkeiten des Nationalsozialismus wachhalten, sondern auch eine Mahnung an die heutige Gesellschaft sein, dass Hass und Antisemitismus keinen Platz haben dürfen.
“Steine der Erinnerung – Deutsch-Wagram”. Offizielles Foto der Initiatoren Mag. Marcus Windbichler, Mag. Heinz Bogner, Ing. Manfred Groß. © Christian Matula
Bogner betonte, dass gerade in Zeiten geopolitischer Instabilität und wachsender gesellschaftlicher Spannungen die Auseinandersetzung mit der Vergangenheit von besonderer Bedeutung sei. Er hob hervor, dass das Projekt durch die enge Zusammenarbeit mit engagierten Unterstützern und dem Verein „Steine der Erinnerung“ verwirklicht werden konnte. Besonders würdigte er das Engagement von Daliah Hindler, Obfrau des Vereins, die mit ihrer Erfahrung und Motivation maßgeblich zur Verwirklichung des Projekts beigetragen habe.
Ein besonderer Dank galt auch SR Martin Sommerlechner, der seine Kenntnisse aus ähnlichen Gedenkprojekten teilte und den Ablauf unterstützte. Claudia Lauppert brachte die Idee ein, die Steine als „Steine der Erinnerung“ zu bezeichnen, um ein bewusstes, dauerhaftes Symbol des Gedenkens zu schaffen. Ebenso dankte er Bürgermeisterin Ulla Mühl-Hittinger, die das Projekt genehmigte, und Mag. Marcus Windbichler, der im Hintergrund unterstützend wirkte und zur erfolgreichen Umsetzung beitrug.
Bogner würdigte außerdem die zahlreichen Spender, ohne deren finanzielle Unterstützung das Projekt nicht möglich gewesen wäre. Ihr Beitrag habe es ermöglicht, die Messingplatten anzufertigen und dauerhaft in der Schulallee zu verlegen. Abschließend hob er das BORG Deutsch-Wagram hervor, dessen Schülerinnen unter der Leitung von Mag. Alexander Papst die Biografien der Geehrten verfassten. Dieses Engagement der Jugend sei ein wertvoller Beitrag, um das Gedenken in die Zukunft zu tragen und jüngere Generationen in das Erinnern einzubeziehen.
Weitere Fotos von der Veranstaltung: © Christian Matula
Ing. Manfred Groß, Ortschronist und Direktor des Stadtmuseums Deutsch-Wagram, vertiefte den historischen Kontext, der zur Gedenktafel führte. In seiner Rede schilderte er die drastischen Veränderungen im Frühjahr 1938, als die jüdische Bevölkerung unter Druck gesetzt und systematisch ausgegrenzt wurde. Groß erläuterte die Maßnahmen und Beschlüsse, die die nationalsozialistisch dominierte Gemeindeverwaltung getroffen hatte, um jüdische Bürger aus dem gesellschaftlichen Leben zu drängen und ihnen die Existenzgrundlage zu nehmen. Er erinnerte daran, wie Familien dazu gezwungen wurden, ihre Häuser, Geschäfte und Lebensgrundlagen aufzugeben und die Stadt zu verlassen. Diese Dokumentation des Unrechts, so Groß, solle der heutigen Generation helfen, die dunklen Kapitel der Vergangenheit zu verstehen und daraus Lehren zu ziehen.
Im weiteren Verlauf der Zeremonie wurden an den „Steinen der Erinnerung“ Kerzen entzündet, die symbolisch an die Opfer und ihre Geschichten erinnern. Während dieses Moments wurden Biografien der betroffenen Familien vorgetragen, die von Schülerinnen des BORG Deutsch-Wagram verfasst worden waren. Die Lebensgeschichten von Familien wie Grünwald, Lönert, Reich, Reiss und Sternberg schilderten die persönlichen Schicksale der Menschen, die aus Deutsch-Wagram vertrieben wurden und von denen viele in Konzentrationslagern ihr Leben verloren. Die bewegenden Erzählungen boten den Anwesenden einen tieferen Einblick in das Leben der Opfer und machten die historische Bedeutung der Gedenksteine greifbar.
Nach der Entzündung der Kerzen wurde das Gebet “El male rachamim” (Gott voller Barmherzigkeit) von Eliram Dahan auf Hebräisch und Mira Deutsch in deutscher Sprache vorgetragen.
Bürgermeisterin Ulla Mühl-Hittinger würdigte die „Steine der Erinnerung“ als wichtiges Symbol für die Stadt und dankte den Initiatoren sowie den zahlreichen Unterstützern des Projekts. Sie hob hervor, wie bedeutsam es sei, gemeinsam ein Zeichen gegen das Vergessen zu setzen. Friedrich Quirgst, Altbürgermeister und Präsident der Museumsgesellschaft Deutsch-Wagram unterstrich in seinen Worten die gesellschaftliche Verantwortung, die Geschichte lebendig zu halten, und dankte allen, die zur Verwirklichung des Projekts beigetragen haben. Er wies zudem auf die vergangenen und zukünftigen Geschichts- und Stadtführungen hin, die er durch Deutsch-Wagram leitet, und lud die Anwesenden ein, daran teilzunehmen, um die Vergangenheit der Stadt noch eingehender kennenzulernen.
Die Veranstaltung wurde von einer abschließenden Fanfare des Trompetentrios beschlossen, gefolgt von einem offenen Austausch bei Getränken, bei dem die Besucher über die Eindrücke und die Bedeutung des Gedenkens reflektieren konnten. Die „Steine der Erinnerung“ und die Kultur[er]leben Tafel haben in Deutsch-Wagram einen neuen Ort des Erinnerns geschaffen, der die Stadtgemeinschaft zur Auseinandersetzung mit der Geschichte und zur Pflege einer friedlichen, respektvollen Gesellschaft aufruft. Die starke Resonanz der Gedenkfeier zeigte, dass das gemeinsame Erinnern in der Stadt über politische und gesellschaftliche Grenzen hinweg fest verankert ist.
Die Museumsgesellschaft Deutsch-Wagram.
Autor: Christian Matula
Broschüre “Steine der Erinnerung – Deutsch-Wagram” erstellt von SchülerInnen des BORG Deutsch-Wagram unter der Leitung von Mag. Alexander Papst. © BORG Deutsch-Wagram
TV21.at Beitrag
Beitrag von TV21 zur Gedenkveranstaltung und Präsentation der “Steine der Erinnerung” und der neuen Kultur[er]leben Tafel. © TV21